René Magritte hinterfragt mit seinen Bildern unsere Wahrnehmungs- und Abbildungsfähigkeit der Wirklichkeit. Die Ausstellung in der Schirn gibt einen recht guten Überblick über seine Werke, mit denen er wohl eine surrealistische Revolution bewirken wollte. Ihm war es laut Ausstellungstext wichtig, mit der – gerade unter Philosophen – dem Wort untergeordneten Stellung des Bildes zu brechen. Berühmt ist sein Der Verrat der Bilder von 1929, welches bspw. von Michel Foucault 1973 interpretiert wurde, wie ich las. Gefallen hat mir das Bild, welches aus einer mit Lagerfeuer beleuchteten Höhle auf eine Staffelei herausblickt, die eine Burg am felsigen Horizont einrahmt. Er spielt damit wohl auf Platons (oder Sokrates‘) Höhlengleichnis an, mit welchem die für den Menschen unüberbrückbare Kluft zwischen Wirklichkeit einerseits und ihrer Darstellung und Wahrnehmung andererseits verdeutlicht werden soll.
Interessant an alledem finde ich, dass Bilder, die ihrem Wesen nach konkrete Gegenstände abbilden (sollten), mit meiner Wahrnehmung derart spielen, dass sie – wenn man sich denn auf die Auseinandersetzung einlässt – Fragen erzeugen anstatt Antworten zu geben. Das ist das Wesen von Philosophie, laut Alexander.
Ich habe mich zum Beispiel gefragt, wieso der Gedanke einer linearen Existenz so allgegenwärtig ist. (Dieser selbstverständlichen Allgegenwärtigkeit hat Anne übrigens widersprochen.) Anlass dazu war ein Erklärtext in schick geformten Buchstaben an einer Wand in der Ausstellung, in der die kunsthistorische Perspektive einer irgendwie aufeinander aufbauenden Entwicklung der Malerei kurz eine Rolle spielte. Ist es nicht eher so, dass alles mit sich spielt, sich selbst wiederholt? Gleichsam dem Wellengang eines Ozeans ist diese oder jene Idee stärker da, obschon alles bereits vorhanden ist. Ohne allzu wehmütig zu klingen verweise ich wie schon 2009 in meinen ersten Blogbuchstaben auf den Prediger (1,9): Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
Vielleicht ist das auch eine Dialektik der Aufklärung, die Folge einer Vorstellung von der Einzigartigkeit eines Menschen: Solange ich mich als von der Existenz des anderen losgelöstes, eigenständig existierendes Individuum begreife, dessen Bestehen einen Anfang und ein Ende hat, muss ich linear denken. Oder anders gesagt: Wenn man nur nah genug ranzoomt, mag ein Kreis wie eine Linie wirken.
Ausgangspunkt meiner Wörter waren ja die Bilder von Magritte. Bei Le Viol musste ich an die Marsianer in der Sesamstraße denken. Am besten gefiel mir Gesang des Gewitters, welches im Internet auf die Schnelle nicht zu finden ist. Was auch mal ganz gut tut.