Bin durch einen Radiobeitrag auf ein interessantes Projekt des Zentrum für pouläre Kultur und Musik der Uni Freiburg aufmerksam geworden: 14.000 Kriegsgedichte aus dem Ersten Weltkrieg. Wenn man ein wenig durchstöbert, liest man zum Beispiel ein Gedicht, das in der Täglichen Rundschau veröffentlicht worden ist und bei dem ich hoffentlich die Handschrift richtig entziffert habe:
Mobil gemacht!
(01. August 1914)
Nun funkeln die neuen Geschirre im Stall –
Wie lang hat’s danach uns gelüstet!
Dumpf rasselts im Hof von Kanonenmetall,
Ringsum wird gerüstet, gerüstet!
Feldgraue Röcke, Feldgrau Geschütz,
Stahlschilde, Mutters Gebete –
Ein guter Mut ist das beste nütz,
Und das Herz, und das Herz hat die Fete.
Die Faust ist so fest wie Vater und Ahn
Und harrt nur der Säbel vom Schmiede,
Die liegen schon blitzend zuhauf auf dem Plan
So stumpf ach so stumpf war der Friede!
Lebt wohl zu Hause! Nicht viel geweint! –
Geräumt sind Stuben und Spinde.
Manöverkartuschen – Markierter Feind –
Das lachen wir heut in die Winde!
Kanonen, Haubitzen, Granaten, Schrapnell –
Da hilft kein Winden und Drehen,
Das klingt so glatt und das jauchzt so hell,
Wo mag der Feind wohl stehen?
Noch einmal rasseln die Batterien
Morgen blitzblank durch die Gassen.
In nächster Woche bekommen wir „ihn“
Vielleicht schon blutig zu fassen.
Die Zeit ist geschmiedet es pfeift und es gellt
Wir wittern Kosaken, Tartaren –
Und warten gelassen, als Männer von Welt
Auf den Ansturm der bunten Barbaren.
Es funkeln die neuen Geschirre im Stall
Haarscharf sind die Säbel geschliffen –
Heiho! Bald wird aus blankem Metall
Das jüngste Kriegslied gepfiffen.Von Hans Gerd Haase
Die Deutschen hatten im Sommer 1914 echt richtig Lust auf den Krieg. Das ist an sich überhaupt keine neue Erkenntnis (August-Erlebnis), das Gedicht las ich aber trotzdem erschrocken. Krieg ist nicht unausweichlich.