Ich habe in der letzten Zeit immer mal wieder darüber nachdenken müssen, wie (sehr) man sich im Netz und auch jenseits davon darstellt – womöglich auch, ohne dies bewusst oder mit einem eitlen Ziel zu tun. Ich habe den vorläufigen Schluss gezogen, dass es entscheidender ist, wie man als Gegenüber mit der Selbstdarstellung eines anderen Menschen umgeht: Du sollst dir kein Bildnis machen:
Unsere Meinung, dass wir das andere kennen, ist das Ende der Liebe, jedes mal, aber Ursache und Wirkung liegen vielleicht anders, als wir anzunehmen versucht sind – nicht weil wir das andere kennen, geht unsere Liebe zu Ende, sondern umgekehrt: weil unsere Liebe zu Ende geht, weil ihre Kraft sich erschöpft hat, darum ist der Mensch fertig für uns. Er muss es sein. Wir können nicht mehr! Wir künden ihm die Bereitschaft auf, weitere Verwandlungen einzugehen. Wir verweigern ihm den Anspruch alles Lebendigen, das unfassbar bleibt, und zugleich sind wir verwundert und enttäuscht, dass unser Verhältnis nicht mehr lebendig sei.
Oder in eigenen Gedanken gesagt, sollte man sich vielleicht kein fixes Bild vom anderen machen, damit man noch überrascht werden kann – gerade im Angesicht dessen Selbstdarstellung. (Achtung, Binsenweisheit: Ein Reisender ist mehr als seine Reise, ein Prediger mehr als seine Rede und ein Bettler mehr, als das, worum er bittet.)