Sylt, Wattseite
druckschrift.net Beiträge
Baum aus Georgs Baumschule
Wer gerne Podcasts hört, interessiert sich womöglich auch für Hörspiele im Internet Archive. Darunter sind ein paar Klassiker, z.B. Biedermann und die Brandstifter. Apropos: Der Plot.
Beim Anhören eines Radiobeitrags, bei dem mal wieder der Turing-Test angeführt wird, kam mir der Gedanke, dass es zu dieser transhumanistischen Singularität, also einfach gesagt der Verschmelzung von Mensch und Maschine, kommen kann, weil der Mensch viel von seiner Menschlichkeit aufgegeben haben wird. Den Turing-Test könnte die Maschine ja auch bestehen, indem uns Denken zu anstrengend wird.
Ich denke zum Beispiel an einen Freund, der Chat-GPT geprompt hat, was er für sich und seine Gäste an Weihnachten unkompliziertes zu Essen machen könne. Oder ich denke an Menschen, deren Aufmerksamkeitsspanne nicht ausreicht, um Texte sinnvoll zu verstehen, vielleicht weil das Gehirn mit 15-Sekunden-Videos leichter zufriedenzustellen ist als mit 15-Sekunden-Texten, die einem – womöglich auch noch von einem verbeamteten – Algorithmus vorgeschlagen werden. Oder ich denke daran, dass mit fiete.ai Schüler Rückmeldung zu ihren Texten von einem Sprachmodell bekommen auf Basis der von einer Lehrkraft zuvor erstellten Prompts und die Lehrkraft dann in der statistischen Zusammenfassung sieht, wo einzelne Schüler noch… –
Und ich denke dabei nicht, dass alles automatisch ganz furchtbar wird und wir doch früher auch uns einfach mal haben zusammenreißen müssen und überhaupt früher alles besser war.
Wer hält länger durch? Vielleicht lässt sich mit der Banane ja auch noch Geld machen.
Ich finde die Idee ja ganz witzig. Jedoch fürchte ich, dass der gleiche Fehler gemacht wird, wie bei Donald T.: Alle reden drüber und merken gar nicht, dass man auf die Weise den Falschen die Aufmerksamkeit schenkt.
Sehenswert in voller Länge: Hagen Rether – Liebe (2018).
Die Nachricht über den Werbespot der CDU, der in Dänemark spielt und mit amerikanischen Schauspielern besetzt wurde, kennt ihr? Mich erinnert das an einen Flyer meiner Schule zum Tag der offenen Tür. Unter der Überschrift „DAS SIND WIR“ erkenne ich auf den Bildern keinen Schüler und keine Räumlichkeit. Realität wird halt auch nur erschaffen. Die Frage ist: Wie ehrlich ist die Realität?
War ja vor einigen Monaten beleidigt, weil ich nicht zu Bluesky durfte, obwohl sie Werbung gemacht hatten. Exklusiv und so. Da wollte ich das eigentlich boykottieren, aber hab die Twitteralternative jetzt doch mal reaktiviert.
Jedenfalls hab ich es dort oder auf Twitter dann irgendwann auch mitbekommen: Söder will Bauernpräsident Felßner zum Bundeslandwirtschaftsminister machen. Der ist wegen Gewässerverunreinigung mal verurteilt worden. Isabel Krieger kommentiert das Urteil so:
Günther Felßner hat Fehler gemacht, zumindest hat er die Dinge zu lange laufen lassen und gehofft, dass die Behörden darüber hinwegsehen. Dafür musste er sich zu Recht juristisch verantworten. Das Strafmaß über 90 Tagessätze ist mehr als entgegenkommend. Ab 91 Tagessätzen wäre der Günthersbühler Landwirt vorbestraft gewesen.
Wer wider besseren Wissens nicht oder zu spät handelt, muss dafür einstehen. Dafür steht unser Rechtsstaat. Doch Günther Felßner fühlt sich bis heute vor allem als Opfer. Seine Ämter sieht der Güntherbühler Landwirt und CSU-Politiker durch das Urteil deshalb nicht beschädigt. Er will weitermachen. Das ist seine Entscheidung und die der entsprechenden Gremien.
Ab 2016 haben die Medien über die staatsanwaltlichen Untersuchungen gegen den Bayerischen Bauernvizepräsidenten berichtet. Das hat Günther Felßner nicht gefallen. Er fühlte sich zu Unrecht verfolgt. Als Repräsentant der größten berufsständischen Organisation hat der Günthersbühler aber eine Vorbildfunktion. Er vertritt mehr als 150000 Bauern mit seinem Namen. Als Präsident des mittelfränkischen Bauernverbandes, Vize des Bayerischen Bauernverbandes und als Mitglied des Naturschutzbeirates der Regierung von Mittelfranken steht er für besondere Glaubwürdigkeit und Integrität im Handeln und muss sich deshalb auch kritisch hinterfragen lassen. Den Maßstab, den Günther Felßner in Sachen Umgang mit der Umwelt an seine Bauern anlegt und für den er auch während der Ermittlungen immer wieder laut und wortstark öffentlich warb, muss er als Funktionär erst recht erfüllen. Das Urteil ist dafür eine Mahnung.
Bin durch einen Radiobeitrag auf ein interessantes Projekt des Zentrum für pouläre Kultur und Musik der Uni Freiburg aufmerksam geworden: 14.000 Kriegsgedichte aus dem Ersten Weltkrieg. Wenn man ein wenig durchstöbert, liest man zum Beispiel ein Gedicht, das in der Täglichen Rundschau veröffentlicht worden ist und bei dem ich hoffentlich die Handschrift richtig entziffert habe:
Mobil gemacht!
(01. August 1914)
Nun funkeln die neuen Geschirre im Stall –
Wie lang hat’s danach uns gelüstet!
Dumpf rasselts im Hof von Kanonenmetall,
Ringsum wird gerüstet, gerüstet!
Feldgraue Röcke, Feldgrau Geschütz,
Stahlschilde, Mutters Gebete –
Ein guter Mut ist das beste nütz,
Und das Herz, und das Herz hat die Fete.
Die Faust ist so fest wie Vater und Ahn
Und harrt nur der Säbel vom Schmiede,
Die liegen schon blitzend zuhauf auf dem Plan
So stumpf ach so stumpf war der Friede!
Lebt wohl zu Hause! Nicht viel geweint! –
Geräumt sind Stuben und Spinde.
Manöverkartuschen – Markierter Feind –
Das lachen wir heut in die Winde!
Kanonen, Haubitzen, Granaten, Schrapnell –
Da hilft kein Winden und Drehen,
Das klingt so glatt und das jauchzt so hell,
Wo mag der Feind wohl stehen?
Noch einmal rasseln die Batterien
Morgen blitzblank durch die Gassen.
In nächster Woche bekommen wir „ihn“
Vielleicht schon blutig zu fassen.
Die Zeit ist geschmiedet es pfeift und es gellt
Wir wittern Kosaken, Tartaren –
Und warten gelassen, als Männer von Welt
Auf den Ansturm der bunten Barbaren.
Es funkeln die neuen Geschirre im Stall
Haarscharf sind die Säbel geschliffen –
Heiho! Bald wird aus blankem Metall
Das jüngste Kriegslied gepfiffen.Von Hans Gerd Haase
Die Deutschen hatten im Sommer 1914 echt richtig Lust auf den Krieg. Das ist an sich überhaupt keine neue Erkenntnis (August-Erlebnis), das Gedicht las ich aber trotzdem erschrocken. Krieg ist nicht unausweichlich.
Bonhoeffer mit Knarre: Fake News über einen NS-Widerstandskämpfer.
Stichwort: Gottesbesitzer & Co.
würde ich diese Rede von Marko Martin analysieren (lassen): 35 Jahre Friedliche Revolution.
Apropos Wolf Biermann: Das Ende des Zynismus.
Gestern war ich in einem Kinofilm: Das leere Grab. Zur geschichtlichen Einordnung ist hier die als Maji-Maji-Aufstand bezeichnete Erhebung gegen die deutsche Kolonialherrschaft in Deutsch-Ostafrika wichtig. Die (oder: Wir?) Deutschen haben gerne bei den getöteten Aufständischen die Köpfe abgeschnitten und zwecks Schädelforschung die Gebeine der Verstorbenen nach Europa gebracht. Die Familien in Tansania, erzählt wurde von der Familie Meru und Kayaa, versuchen nun, die Gebeine ihrer Ur-Großeltern in ihre Heimat zu holen. Das ist aus verschiedenen Gründen schwierig. Zum einen weil es sehr viele Gebeine gibt – im Film wurde die Zahl von rund 9000 Schädeln genannt, die allein ein Deutscher nach Deutschland hat bringen lassen, ich weiß nicht mehr, ob es sich bei der Person um Carl Peters gehandelt hat. Zum anderen befinden sich die Familien mit ihren Interessen zwischen der tansanischen und der deutschen Politik. Damit verbunden sind Forderungen nach Reparationen, und das ist ja in der deutschen Politik ein schwieriges Thema. Die deutsche Kolonialherrschaft war in der Regel äußerst brutal.
Bitter, dass wir heute noch immer Raubgüter in Museen stehen und Straßen nach Kolonialverbrechern benannt haben. Bitter auch, dass jemand von außen uns so etwas erklärt und wir die Aufarbeitung und Erinnerung an das, was nicht zum „Vogelschiss“ der Geschichte gehört, nicht von uns aus aktiver hinbekommen.
Krieg ist unmenschlich. Er ist eben nicht natürlich, zwangsläufig oder unausweichlich. Man hat als Mensch immer die Wahl, die Menschlichkeit zu wählen, also sich selbst. Dazu ist ein Blick auf die eigene Geschichte notwendig – dass man sich selbst ehrlich macht und sich selbst nicht verleugnet.
Ein Beitrag von Omer Bartov erregte mein Interesse: As a former IDF soldier and historian of genocide, I was deeply disturbed by my recent visit to Israel. Ich finde den Text in vielen Punkten aufschlussreich, auch weil ich gezwungen bin, mich mit einer differenzierteren Sichtweise auf das Vorgehen Israels auseinanderzusetzen. Er berichtet darin von einem Streitgespräch mit IDF-freundlichen Studierenden bei einem seiner jüngeren Israelbesuche.
Mein Problem bleibt dabei der ständige Bezug auf die Soldaten des Nationalsozialismus. (Zugestanden ist dies sein Forschungsschwerpunkt laut Wikipedia: „Seine eigene Forschungstätigkeit konzentrierte Bartov zunächst ebenfalls auf die Gleichschaltung der deutschen Wehrmacht im Dritten Reich, ehe er sich mit den Kriegsverbrechen der Wehrmacht in Osteuropa beschäftigte.“)
Problematisch schreibt er meines Erachtens hier:
Look at what happened to us in 1918, German soldiers said in 1942, recalling the propagandistic “stab-in-the-back” myth, which attributed Germany’s catastrophic defeat in the first world war to Jewish and communist treason. Look at what happened to us in the Holocaust, when we trusted that others would come to our rescue, IDF troops say in 2024, thereby giving themselves licence for indiscriminate destruction based on a false analogy between Hamas and the Nazis.
Wenn man ihn wohlwollend auslegt, vergleicht er hier, dass in beiden Armeen eine Rechtfertigung für das jeweilige (verbrecherische) Vorgehen vorgeschoben wird. Das ist sicherlich ein bedenkenswerter Punkt. Wer aber die Dolchstoßlegende mit dem Holocaust vergleicht, macht dieses Menschheitsverbrechen nicht nur zu einem beliebigen historischen Betrachtungsgegenstand, sondern auch zu einer Verschwörungstheorie. Das ist nicht weit davon entfernt, dass Juden zu Nazis werden und Hamasterroristen zu Widerstandskämpfern.
„Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich“, sagt man.
Mein größtes Problem an den Kritikern des israelischen Vorgehens bleibt die emotionale Kälte gegenüber den Opfern des Terroranschlags/Pogroms am 07.10.2023. Navid Kermani schrieb im November 2023:
Vielleicht ist es zu viel, von Palästinensern im Gazastreifen oder im Westjordanland, die unter der Besatzung aufgewachsen sind, Empathie für Israelis zu erwarten – so wie es nach dem Massaker umgekehrt nur wenigen Israelis möglich sein wird, mit der Zivilbevölkerung in Gaza zu fühlen. Gut versorgt im sicheren Deutschland, vermag ich nicht zu sagen, wie ich selbst reagieren würde, wenn mein eigenes Kind ermordet oder mein Haus zerstört worden wäre. Aber gut versorgt im sicheren Deutschland, sollte jedem das Mitgefühl für die Opfer gleich welcher Seite möglich sein. […]
Stattdessen folgte der, wenn überhaupt, pflichtschuldigen Verurteilung noch im gleichen Atemzug das Aber, als würde vor dem Aber, wenn schon kein Punkt, nicht wenigstens ein Komma stehen. Ich bin auch für das Aber; das Denken konstituiert sich nicht in Thesen, sondern in Widersprüchen, ja. Aber – aber! – es gibt doch im Leben immer wieder einen Augenblick, eine Minute, einen Tag oder eine Woche, wo man eine Pause setzt, bevor man mit seinem Aber fortfährt. Wo man dem Gegenüber nicht als Gegner, sondern als Mensch in die Augen sieht, der um seine Nächsten weint. Wo man sich schämt, wenn in Deutschland an die Häuser von Juden ein Davidstern gesprüht wird.
In diesem Konflikt scheinen zwei Seiten anhaltend und wiederholt so traumatisiert, dass es erst recht notwendig ist und bleiben wird, beide zu verstehen, zumindest verstehen zu wollen. Die Opfer der Gegenwart zu sehen geht nur aus einer eigenen Perspektive, die dann glaubhaft ist, wenn sie eine moralische Haltung hat, die unmenschliche Handlungen nicht rechtfertigt – und die eigene Geschichte nicht umdichtet oder verdängt.
So neu ist das Wort Resilienz nicht, aber wir hatten neulich einen Schwerpunkttag an der Schule, an dem auch dieser Begriff eine wichtige Rolle spielte. Ich muss bei dem Wort resilient sehr stark an flexibel denken. Solche Wörter haben ganz schnell den Geschmack, als würde man sie von einem Chef gesagt bekommen. Soll heißen: Das sind solche Luftblasenwörter, bei denen nicht nur die direkte Bedeutung des Wortes oder die Situation, in der man es sagt, eine Rolle spielt, sondern auch das Wertegerüst und die Rolle im System der sie aussprechenden Person. Ein gut gemeinter Vorschlag zur Resilienzsteigerung klingt dann schnell nach einer Idee, wie man besser funktioniert.
Richard Sennetts über 25 Jahre altes (ulay!) Buch Der flexible Mensch kommt mir da in den Sinn: „Absolute Flexibilität bedeutet für den einzelnen, einer unvorhersehbaren Kontrolle durch wechselnde Dritte ausgesetzt zu sein.“ (Deutschlandfunk 1998) Kein Wunder, dass man heute die Leute resilienter machen muss, nachdem man sie vor einer Weile flexibler gemacht hat.
Ich hab mir jedenfalls vorgenommen, in Zukunft etwas mehr zu resilieren und auch mal Nein zu etwas sagen – wozu ich Nein sage, sehe ich dann, ganz flexibel.
Heute, einen Monat nach dem terroristischen Pogrom auf israelischem Boden durch Hamas, bin ich zur Gießener Synagoge spaziert. Auf der Tafel am Eingang erfährt man, dass sie ein Wiederaufbau der während der Novemberpogrome 1938 in Wohra zerstörten Synagoge ist. Auf der Seite des Deutschen Historischen Museums heißt es zu den deutschen Pogromen 1938:
Bevor die Gewalt in der Nacht vom 9. und 10. November im gesamten Reichsgebiet explodierte, war es bereits am 7. und 8. November zu antijüdischen Gewalttaten in Fulda, Kassel, Bebra und weiteren Städten gekommen.
Ich habe mir, als ich eben die Tafel vor der Synagoge las, die Frage gestellt, ob es noch bessere Wege gibt, an jüdisches Leben in Deutschland zu denken, ohne eine Synagoge aufzusuchen. Und womöglich würden sich Jüdinnen und Juden, die nicht religiös sind, gar nicht angesprochen fühlen, wenn man eine Kerze vor einer Synagoge entzünden würde – wohl fühlen sie sich aber vermutlich bei einem Brandanschlag auf eine Synagoge bedroht.
Mir fallen im Moment die Worte schwerer als sonst und das Beste, das ich hierzu gehört habe, habe ich aus dem Fernsehen: Extra3 im Oktober 2023. (Zur Einordnung des Statements hilft vielleicht auch dieser Beitrag: Christian Ehring 2014, zum damaligen Gaza-Krieg.)
Was ich mal wollte, aber nicht konnte,
Schmerzt niemanden mehr als mich selbst.
Was ich mal konnte, aber nicht wollte,
Schmerzt niemanden mehr.
Was ich mal wollte, aber nicht konnte,
Frug ich mich ständig im Kreis.
Was ich mal konnte, aber nicht wollte,
Fragt man sich heute allein.
Was ich mal wollte, aber nicht konnte,
Bedrückte mich lange Zeit.
Was ich mal konnte, aber nicht wollte,
Drückt man jetzt dir auch noch auf.
Was ich mal wollte, aber nicht konnte,
Fehlt niemandem mehr als mir selbst.
Was ich mal konnte, aber nicht wollte,
Fehlt.
Nichts
Da war doch nichts.
Ich hab jedenfalls nichts getan.
Wir wussten auch überhaupt nichts davon.
Und außerdem hätte man ja eh nichts machen können.
Und ständig dieses Thema, als ob man sonst nichts hätte.
Wir können auch überhaupt nichts dafür.
Mit mir hat das jedenfalls nichts zu tun.
Das bringt doch nichts.
Was haltet ihr von diesem Text: Die Klimakrise als die Katastrophe denken, die sie ist.
Ich finde auch die Quellen interessant.
Ich habe noch nicht mit midjourney herumgespielt, Diego. Aber diversen Tweets zufolge kommt man mit dem Herumspielen eh nicht mehr so gut hinterher, Stichwort: AutoGPT. Nvidia und Microsoft werden die AI Zukunft bestimmen, glauben einige.
In Frankreich hat mir der Googleübersetzer jedenfalls sehr geholfen. Manche Ergebnisse sind auch ganz lustig:
Hier eine gute Zusammenfassung zum Potenzial von und Kritik an ChatGPT: Wie kann ChatGPT die Welt verändern. Mir ist allerdings noch nicht ganz klar, wieso Scobel ChatGPT als völlig neues Medium sieht. Vielleicht reicht auch mein Vorstellungsvermögen nicht, aber ich denke, man muss das auch benutzen wollen. Solange es textbasiert ist, denke ich, bleibt es eher was für Nerds. (Vielleicht ist das analog zur Entwicklung von Textadventures hin zu Point-and-click-Adventures zu sehen.) Solange ChatGPT&Co nicht funktionieren, ohne dass man was leesen muss, sehe ich nicht, wie sich das in der Masse durchsetzt. So als spontan generierter Podcast, das wäre fein. Doch halt – wenn ich nicht mehr gut lesen können muss, um mir Wissen anzueignen, wie garantiere ich dann, dass die Datenbanken, auf denen die zukünftigen ChatGPTs basieren, korrekt sind? Vielleicht wird Bildung dann noch exklusiver. Sich diese Sprachsoftware in Diktaturen vorzustellen, ist auch ganz lustig.
Ich habe ChatGPT ja eine Weile nicht benutzt, das letzte Mal auf unserem pädagogischen Tag, an dem wir Lehrer uns in der Schule an, über, mit und um iPads herum fortgebildet haben. Etwas gelangweilt habe ich dann, ermattet der Maschine Input zu geben, einen Kollegen gebeten, vorzuschlagen, was das Programm mal schreiben könnte. Herausgekommen ist eine Einleitung für eine Hausarbeit über Karl den Großen:
Karl der Große, auch bekannt als Karl der Große, war einer der bedeutendsten Herrscher Europas im Mittelalter. Als König von Frankreich regierte er von 768 bis 814 und hinterließ eine bleibende Wirkung auf die politische und kulturelle Landschaft Europas. In dieser Hausarbeit werden wir uns mit dem Leben und der Herrschaft von Karl dem Großen auseinandersetzen, einschließlich seiner Kriegsführung, seiner Förderung der Bildung und Kultur sowie seinem Beitrag zur Gründung des Heiligen Römischen Reiches.
chat.openai.com
Der Kollege war beeindruckt, mich hat es an mein unvorbereitetes Kurzreferat früher erinnert: „Die Wilhelmsstraße ist eine von Bäumen gesäumte Allee.“ Jemand anderes hat dann gebeten, einen Förderplan für Kevin schreiben zu lassen:
Verstehe. Hier sind einige Vorschläge für einen möglichen Förderplan für Kevin, der seine emotional-soziale Entwicklung unterstützt:
- Therapeutische Unterstützung: Kevin sollte regelmäßig eine therapeutische Unterstützung erhalten, um seine Emotionen und Verhaltensweisen zu verstehen und zu regulieren.
- Soziale Fähigkeiten-Training: Kevin kann von spezialisierten Trainern oder Therapeuten Übungen erhalten, die seine Fähigkeiten im Umgang mit anderen verbessern und seine Empathie fördern.
- Individuelle Förderung im Unterricht: Kevin sollte eine individuelle Förderung erhalten, die sich auf seine Bedürfnisse und Fähigkeiten konzentriert. Er kann auch in kleineren Gruppen oder in Einzelunterricht arbeiten, um soziale Interaktionen zu minimieren.
- Regelmäßige Feedback-Gespräche: Es ist wichtig, dass Kevin regelmäßige Feedback-Gespräche mit Lehrern und Therapeuten hat, um seine Fortschritte und Herausforderungen zu besprechen und umzusetzen.
Dies sind nur Vorschläge und es ist wichtig zu beachten, dass jeder Förderplan individuell angepasst werden sollte, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
chat.openai.com
Spaßig finde ich, dass Scobel das Programm nicht als Programm sieht und dann erklärt, dass es ein selbstlernendes neuronales Netz ist, das aber niemals ein Bewusstsein entwickeln wird. Da es aber menschliche Sprache simuliert und Sprache Identität stiftet, simuliert es quasi einen Menschen bzw. menschliche Sprache. Weitergedacht: Ich kann nicht ausschließen, selbst nur Bewusstsein zu simulieren. Oder anders gesagt: Die einzige Möglichkeit, weiterhin zu behaupten, der Mensch besitzt ein Bewusstsein, besteht darin, das Bewusstsein der Maschine zu leugnen. (Je weniger ich denke, desto bewusster lebe ich.) Oder wem das zu wirr ist:
Der Mensch ist das einzige Tier, das eine Maschine simulieren kann.
Bin gerade auf dieses ältere Video gestoßen, das ich unterhaltsam finde: Häuptling Erzhegel
Während ich in einigen Punkten zustimmen kann (z.B. der Welt möglichst ideologiefrei zu begegnen), muss ich feststellen, dass die beiden Gäste vielleicht einfach ein Problem damit haben, anzuerkennen, dass es viel mehr Leute gibt, die sich eine eigene Meinung gebildet haben, die ihnen aber nicht passt – und unterstellen diesen Meinungsträgern Konformismus. Im Grunde ist es ein Schimpftirade gegen alles zeitgeistige. Das ist es, was es so unterhaltsam macht.
Siehe auch: Die Kunst, ein Opfer der Kunst
Ich bin mir im Klaren, dass das Thema ChatGPT mittlerweile fast jedem zum Halse raushängt. Dennoch muss ich nochmal darüber was schreiben, da ich doch mal kurz erstaunt war, wie schlecht das Programm in der Theorie deutscher Grammatik ist, was ich bei einem Sprachprogramm eher nicht erwartet habe. Hier ein kurzes Beispiel:
Erklär mir den relativsatz
Ein Relativsatz ist in der Grammatik ein Satzteil, der eine nähere Erläuterung oder Erklärung zu einem bestimmten Wort oder einer Aussage im Hauptsatz liefert. Er wird durch ein Relativpronomen (z.B. „der“, „die“, „das“, „wer“, „welcher“) eingeleitet und steht in Abhängigkeit zu einem anderen Wort im Satz.
Hier sind ein paar Beispiele:
- „Die Frau, die ich gestern getroffen habe, ist meine Nachbarin.“ (Hier wird das Subjekt „Die Frau“ näher erläutert durch den Relativsatz „die ich gestern getroffen habe“.)
- „Das Haus, in dem ich wohne, ist sehr alt.“ (Hier wird das Objekt „Das Haus“ näher erläutert durch den Relativsatz „in dem ich wohne“.)
- „Wer auch immer das getan hat, muss sich melden.“ (Hier wird das Subjekt „Wer auch immer“ näher erläutert durch den Relativsatz „das getan hat“.)
Relativsätze werden häufig verwendet, um nähere Informationen zu einem bestimmten Wort oder einer Aussage im Hauptsatz zu liefern oder um eine Verbindung zwischen zwei Sätzen herzustellen. Sie helfen dabei, den Satz zu strukturieren und die Bedeutung zu verdeutlichen.
Das stimmt ja gar nicht. Dein drittes beispiel ist komplett falsch. „Das“ ist in dem fall ein Demonstrativpronomen und der gesamte Nebensatz „Wer auch immer das getan hat,“ ist ein Subjektsatz. Bist du so schlecht in Grammatik trainiert ?
Es tut mir leid, dass mein Beispiel falsch war. Sie haben Recht, dass „das“ in diesem Fall tatsächlich ein Demonstrativpronomen ist und der gesamte Nebensatz „Wer auch immer das getan hat“ ein Subjektsatz ist. Danke, dass Sie mich darauf hingewiesen haben. Ich bin ein Computerprogramm und obwohl ich versuche, mein Wissen so präzise wie möglich zu vermitteln, kann es manchmal vorkommen, dass ich Fehler mache. Ich werde sicherstellen, dass ich dieses Beispiel in Zukunft korrekt wiedergebe.
Das Gespräch ging noch eine Weile weiter und das Programm offenbarte Lücken im Wissen über den Unterschied von Präpositionen und Pronomen, Nebensatzarten uvm. Daraus schließe ich zwei Dinge:
- ChatGPT ist nicht einsatzbereit. Das Problem sehe ich hier nicht in der fehlerhaften Information selbst, sondern im sprachlich überzeugten Darbieten. Ich würde das Programm in einem echten Szenario schließlich kaum Dinge fragen, die ich weiß. Man benötigt also auch die Information darüber, wie sicher das Programm ist, dass die Information stimmt. Ein kurzer einleitender Satz wie Auf das theoretische Wissen über die Grammatik im Deutschen wurde ich noch nicht hinreichend trainiert. wäre hilfreich, aber nicht ausreichend. Ein Programm aka künstliche Intelligenz sagt schließlich nur etwas über seine Datenbank aus. Oder anders gesagt: Die Quelle ist nicht überprüfbar. Und welches Unternehmen, das ChatGPT einsetzen würde, ließe sich schon gerne in die Datenbank schauen?
- Fehlendes Wissen über die deutsche Grammatik bleibt unentdeckt, wenn man richtig schreiben tut. Das, was man so Grammatik nennt, ist eben auch nur ein komplexer Versuch, das System Sprache regelhaft abzubilden. Funktioniert eh nicht immer. Ich empfehle als Beispiel mal die Recherche, wie viele Wortarten es gibt.